Die Schwesternwunde: 3 Mythen über weibliche Konkurrenz – lass sie hinter dir. Jetzt.

von | Juni 11, 2025 | Frauenkraft & weibliche Archetypen | 0 Kommentare

Was ist die Schwesternwunde? Eine Narbe, die viele Frauen tragen

Lass uns eintauchen, tief hinein in das Thema der Schwesternwunde. Es wird persönlich. Und kollektiv. Es geht um die Archetypin Freundin und darum, wie Traumata über Generationen weitergegeben werden.

Und auch um die Frage: Was hat das alles eigentlich mit dem Matriarchat zu tun?

Die Archetypin Freundin steht für Vertrauen und Verbindung unter Frauen.
Für dieses stille Versprechen: Wir gehen gemeinsam. Wir stehen zusammen. Du darfst sein, wie du bist. Ich darf sein, wie ich bin.

Aber: So ist es nicht immer. Auch im weiblichen Kollektiv wirkt ein Schattenaspekt der Freundin. Eine destruktive Kraft, die sich anfühlt wie grober Stoff auf nackter Haut.

Manchmal laut. Und manchmal leise oder subtil
Doch immer spürbar.

Die Schwesternwunde.

In diesem Artikel erforschen wir drei Mythen, die zur Trennung zwischen Frauen führen – und die bis heute nachwirken. Wir erinnern uns gemeinsam daran, was echte weibliche Verbindung heute bedeuten kann.

Mythos 1 der Schwesternwunde: Frauen sind sich selbst die größten Feindinnen

„Ich komme besser mit Männern klar.“
„Mit Frauen wird’s immer kompliziert.“

Sätze wie diese begegnen uns in Büroküchen, auf Elternabenden, in Serien.  Sie wirken harmlos, fast witzig.

Doch in Wahrheit nähren sie einen gefährlichen Glaubenssatz:

Frauenfreundschaften sind nicht relevant und auch nicht tragfähig.

Diese Vorstellung kommt nicht von ungefähr. Sie ist geprägt von Erfahrungen, von kleinen und großen Verletzungen in weiblichen Beziehungen.

Ein emotionales Schmerzgedächtnis, geboren aus Enttäuschung, Verlust, Verrat. Oft in der Schulzeit, im Freundeskreis, manchmal sogar in der eigenen Familie.

Ich erinnere mich noch genau: Es war in der Volksschule. Sie war meine beste Freundin. Und dann, plötzlich, war sie weg. Nicht körperlich. Aber innerlich. Sie wandte sich einfach ab. Ohne jegliche Erklärung. Bis heute weiß ich nicht, warum.

Es ist wie ein kleiner Stachel, der immer noch irgendwo unter der Haut sitzt. Nicht dramatisch, aber tief. Später wiederholte es sich. Mit 16. Mit 18. Freundinnen, mit denen ich mich seelisch verbunden fühlte.
Und dann: Rückzug, Abbruch, Stille.

Und je länger ich in dem Thema bin, umso mehr fällt mir ein. Kontaktabbrüche erlebte ich wieder mit 35 und 49. Ach ja! Da war auch diese Kollegin, die in Karenz ging. Sie sollte mich einschulen, ließ mich aber anrennen.

Durch die therapeutische Brille geblickt, kann ich mir vieles erklären. Überforderung, nicht wissen, wie mit inneren und äußeren Konflikten umgehen führt dann zu Enttäuschung und auch zu gewisser Hilflosigkeit, auf allen Seiten.

Aber das Wissen macht nicht automatisch alles gut. Diese Wunden wirken subtil. Was bleibt, ist ein unterschwelliges Misstrauen. Die Angst, sich in weiblicher Verbindung wirklich zu öffnen.

Doch dieses Misstrauen ist nicht per se weiblich. Es ist erlernt, geprägt und auch ein Symptom der Schwesternwunde. Ein stilles Erbe, das viele von uns tragen. Aber das nicht unser Schicksal bleiben muss.

Mythos 2: Frauen konkurrieren von Natur aus.

Die Wurzel der Schwesternwunde im weiblichen Kollektiv: Über das erschütterte Vertrauen

Die Schwesternwunde ist nicht nur etwas Persönliches. Ich vermute mal, du kennst sie. Deine Nachbarin und deine Mutter kennen sie. Auch deine Kollegin.

Sie wirkt im weiblichen Kollektiv. Hinweg über Grenzen und Generationen.

Vor dem Patriarchat gab es tatsächlich eine andere Form des Zusammenlebens. Frauen waren Hüterinnen von Geburt, von Heilung, von Wissen. Weibliche Verbindung war selbstverständlich. Natürlich. Ungebrochen.

Doch mit dem Wandel, mit Besitz, mit Religion, mit Kontrolle, da begann die Spaltung. Frauen wurden zu Konkurrentinnen. Nicht mit einem Schlag, aber wie in der Metapher mit dem Frosch: Stetig wärmt sich das Wasser. Bis es kocht.

Es ist eine systemische Dynamik. Weibliche Gemeinschaften wurden von gegenseitigem Misstrauen unterwandert.
Bis hin zum Verrat. Diese Dynamik lebt bis heute in uns weiter.

  • Im reserviert Sein.
  • Im Vergleichen.
  • Im sich gegenseitig in den Rücken fallen.

Die Schwesternwunde ist auch ein kollektives Trauma und gleichzeitig eine Einladung: Hinsehen. Erinnern. Rückverbinden.

Matriarchale Kulturen: Frauen als Zentrum der Gemeinschaft

Es gab eine Zeit, in der weibliche Verbindung nicht bedroht war, sondern sozusagen das Zentrum des Lebens. In diesen Kulturen standen Frauen im Mittelpunkt der Gemeinschaft.

Nicht als Herrscherinnen über Männer! Sondern als Hüterinnen von Leben, Zyklus und spirituellem Wissen.

Die Große Göttin war kein abstrakter Mythos. Sie war gelebte Realität.
Spuren von weiblicher Dreifaltigkeit finden wir auch heute noch, beispielsweise in den Nornen. In dem Zyklus von Jungfrau, Mutter und der Alten Weisen.

Weibliches Wissen wurde weitergegeben, nicht nur biologisch, aber ganz praktisch, im gelebten Leben. Es gab Raum für Übergänge, für Rhythmen, für Wandel.

Diese Erinnerungen pulsieren auch noch in unseren Zellen. Als Ahnung. Als ein subtiles Wissen darum, dass Verbindung zwischen Frauen einst heil war – und es wieder sein kann.

Patriarchale Verschiebung: Wenn Frauen zu Konkurrentinnen wurden

Mit dem Aufkommen patriarchaler Machtstrukturen veränderte sich alles. Erbschaft, Sexualkontrolle, Besitzdenken – plötzlich wurde relevant, wer das Blut weitergibt, anstatt wer die Mutter ist.

Und wer wem gehört.

Frauen wurden nicht mehr als Quelle gesehen, sondern als Mittel zum Zweck. Ihr Wert hing nun von ihrer Rolle im System ab: als Ehefrau, Mutter, Besitzobjekt. 

Das ist der Keil, der Frauen voneinander trennte. Denn wenn dein Überleben davon abhängt, den „richtigen“ Mann zu finden, dann wird jede andere Frau zur potenziellen Bedrohung.

Weibliche Verbindung war einst eine Quelle von Kraft und Wissen, bis sich Konkurrenz als Mittel zum Überleben herausbildete. Nicht, weil es dem weiblichen Prinzip entspricht, sondern, weil es die neue Gesellschaftsordnung mit sich brachte.

Ein Erbe, das bis heute wirkt.

Wenn du tiefer ins Thema Matriarchat eintauchen möchtest, schau gerne bei der Wildmohnfrau vorbei.

Schatten dreier Frauen, die sich an den Händen halten, auf warmem Sandstrand – symbolisch für die generationsübergreifenden Einflüsse und verborgenen Muster der Schwesternwunde, insbesondere in Mutter-Tochter-Beziehungen.

Mythos 3: Frauen Verbindungen halten nicht: Trennung von der Göttin bis zur Mutter

Wenn wir in die Mythologien verschiedener Kulturen schauen, sehen wir eine auffällige Fragmentierung:
Das Weibliche wurde gespalten. In Rollen aufgeteilt, in Gegensätze zerschnitten.

Lilith: wild, ungehorsam, verstoßen.
Hera: eifersüchtig, kontrollierend.
Aphrodite: sinnlich, aber oberflächlich.
Artemis: unabhängig, aber unnahbar.

Keine von ihnen darf ganz sein.
Keine vereint alle weiblichen Aspekte in sich.
Stattdessen: Zuschreibung. Spaltung. Überhöhung.

Diese Archetypen sind nicht nur Geschichten.
Sie wirken als innere Bilder in uns.
Sie sind Teil unserer Selbstbilder – und Teil dessen, wie wir andere Frauen wahrnehmen.
Sie wirken unbewusst in unseren Beziehungsdynamiken (nicht nur) mit Frauen.

  • Wir misstrauen der Wilden.
  • Wir verurteilen die Sinnliche.
  • Wir fürchten die Starke.
  • Wir nehmen die Fürsorgliche selbstverständlich.

In jeder Beziehung zu anderen Frauen übernehmen wir unwillkürlich eine dieser Rollen.
Es beeinflusst unsere Gruppendynamik.  Aber jede von uns trägt alle Anteile in sich – in unterschiedlicher Ausprägung.

Wie sollen wir einander ganz sehen, wenn wir nur Teilaspekte voneinander erkennen (dürfen)?

Die Schwesternwunde lebt auch in den kontrollierenden Blicken:
„Sitzt der Lippenstift, richtig?“
„Oh, du trägst Nagellack?“
Für andere Frauen sind wir nicht selten entweder zu viel oder zu wenig herausgeputzt.

Mutter-Tochter-Prägungen und generationsübergreifende Verletzungen

Die Schwesternwunde beginnt nicht erst im Freundeskreis. Oft zeigt sie sich viel früher – in der Beziehung zur eigenen Mutter.

Eine Frau, die selbst nie gelernt hat zu vertrauen, kann dieses Vertrauen nur schwer weitergeben.
Eine verletzte Mutter sendet unbewusste Botschaften. Vielleicht eine solche:

 „Zeig dich lieber nicht. Du bist nicht sicher.“

Noch viel tragischer ist:  Verstümmelte Mütter verstümmeln ihre Töchter. An dieser Stelle empfehle ich dir den Film Female Pleasure. Diese Dokumentation lässt tief blicken.

So entstehen früh innere Programme:  Sich anpassen. Funktionieren. Still sein.

Oder kämpfen, kontrollieren, distanzieren.

Auch wenn unsere Mütter ihr Bestes gegeben haben: Das emotionale Erbe wirkt, solange bis es aufgearbeitet ist.

  • In unserer Fähigkeit zu vertrauen.
  • In unserem Umgang mit Nähe.
  • In unserem Bild von anderen Frauen.

Die Schwesternwunde wird so zur Mutter-Tochter-Wunde. Nicht aus Schuld, sondern aus Geschichte.
Und genau deshalb beginnt Heilung nicht mit Anklage, sondern mit Bewusstsein.

Mit dem Erkennen, Fühlen, Verwandeln.

Botox-Partys & Konkurrenz: Wenn die Schwesternwunde zum Wirtschaftsfaktor wird.

Botox-Partys. Du glaubst nicht, dass es sie gibt. Tja, sie sind real. Online buchbar, anscheinend salonfähig. Frauen treffen sich, um sich gemeinsam das Gesicht betäuben zu lassen.

Das klingt absurd, und doch lebt von Verstümmelung ein ganzer Markt.  Brüste größer, Lippen voller. Mimik betäubt. Das ist das Ergebnis des Vergleichs unter Frauen.

Vergleichen, anpassen, optimieren.

Früher waren es Korsette. Oder gebundene Füße in China. Heute sind es Filter, OPs, Diäten. Die Formen des „Korsetts“ ändern sich.  Gemeinsam haben sie alle Druck und Profit.

Auch wenn es hart klingt. Diese Systeme leben von der Schwesternwunde. Von der Angst, nicht gut genug zu sein.

Wenn Frauen nicht mehr echt sein wollen, können, dürfen, ist das der perfekte Nährboden für Schönheitsindustrie, Selbstoptimierung und Konsumzwang.

Und so wird aus einer emotionalen Verletzung ein Wirtschaftssystem.
Eines, das von unserer Unsicherheit lebt und uns lehrt, zu misstrauen: uns selbst und auch den anderen.

Die Freundin in dir: Archetypischer Weg zur Heilung

Und genau hier beginnt die Heilung: Mit der Rückkehr zur inneren Freundin.
Nicht als romantisiertes Idealbild.
Sondern als archetypische Kraft, die Wahrhaftigkeit verkörpert.

  • Die Freundin, die bleibt. Die ehrlich ist.
  • Die nicht konkurriert, sondern reflektiert – sich selbst und mit dir.
  • Die keine Fassade braucht, sondern mit ihrem Echtsein Fassaden zum Bröckeln bringt.

Die Archetypin Freundin erinnert uns daran, dass die Freundschaft zu uns selbst wahre Freundschaft zu anderen möglich macht. Es ist nicht immer ein Bad in Rosenblüten. Aber auch das darf sein. Weil Heilung viele Wege kennt.

Hier kannst du tiefer in die Welt der Archetypinnen eintauchen.

Freundschaft in der nächsten Generation: Heilungswege der Schwesternwunde

Am Tag nach dem Fest war meine Tochter bedrückt. Für ihr aufgewühlt Sein fand sie erst keine Worte. Nur mit Mühe, konnte sie sortieren, was sie da bewegte.

Es ging nicht um einen Streit.  Nicht um eine große Szene. Sondern um etwas Diffuses und doch entscheidendes:

 Die Frage: Was ist im Rahmen von Freundschaften erlaubt und was nicht? 

Sie und ihre Freundinnen sprachen über andere. Aber nicht verurteilend.
Es beschäftigte sie die Frage: Ist das jetzt Klatsch? Ist das Lästern? Oder einfach sich sortieren?

Sie fühlte sich innerlich zerrissen. Zwischen Loyalität und das zu benennen, was ist.  Zwischen dem Wunsch, ehrlich zu sein und der Sorge, jemanden zu verletzen.

Ich spürte: Das war keine jugendliche Unsicherheit. Das war der Kontakt mit einem Feld, das wir Frauen alle kennen:  Das Feld der subtilen Zwischentöne, der unausgesprochenen Loyalitäten, der kleinen Grauzonen in der Schwesternschaft.

Freundschaft bedeutet nicht, alles schönzureden, sondern die Fähigkeit zu entwickeln, auch in Beziehungen ehrlich zu bleiben.

Dass man manchmal etwas sagen muss, gerade weil einem jemand wichtig ist. Manchmal ist es weiser zu schweigen –
nicht aus Angst, sondern aus Achtung. Und manchmal ist es weiser zu sprechen. 

Vielleicht ist es das, was wir alle lernen müssen: Den Unterschied zwischen Wahrheit und Verrat. Es geht darum, weder uns selbst, noch andere zu verraten. Ja. Das kann eine Gratwanderung sein. 

Fühlst du dich von diesem Artikel berührt? Regt sich vielleicht sogar Aufregung in dir?

Oder werden längst vergessene Erinnerungen wach?

Dann frage dich: Welche davon gehören wirklich dir?
Was davon hast du vielleicht von vorherigen Generationen übernommen?

Und vielleicht fragst du dich auch, wie du jetzt damit umgehen sollst.
Erst einmal kannst du dir sicher sein:
Dein Bewusstsein ist bereits ein erster Schritt.

Allein dass du gelesen, gefühlt, erinnert hast – das verändert etwas.
Denn dort, wo wir beginnen, die Schwesternwunde zu erkennen,
beginnt auch die Möglichkeit, sie zu heilen.


Hier ein paar Gedanken, die dir beim Umgang mit der Schwesternwunde helfen können:

1. Erkenne die Schwesternwunde als kollektiven Schmerz – und nicht als persönliches Versagen.
Was dir passiert ist, passiert vielen Frauen. Es ist ein systemisches Phänomen.
Dein Schmerz ist nicht nur individuell – er ist auch eine Erinnerung an etwas Größeres.

2. Achte auf die feinen Zwischentöne in der Kommunikation mit Frauen.
Wenn dich etwas triggert, schieß nicht gleich zurück. Atme tief durch. Warte, bevor du reagierst – und erinnere dich an den Begriff Schwesternwunde. Beobachte dich: Verändert sich dein Blick auf dein Gegenüber, wenn du aus diesem Bewusstsein schaust?

3. Übe dich in ehrlicher Kommunikation – mit dir selbst zuerst.
Was fühlst du wirklich, wenn du an eine verletzte Freundschaft denkst? Wut? Trauer? Scham? Nichts davon ist falsch. Alles darf da sein. Erst wenn du ehrlich mit dir bist, kannst du auch anderen ehrlich begegnen.

4. Was tun, wenn du jetzt ein schlechtes Gewissen hast?
Vielleicht erinnerst du dich, dass du dich gegenüber einer Freundin, Kollegin oder einer anderen Frau unfair verhalten hast. Was nun?

Schreibe einen Brief. Ob du ihn ihr dann schickst, kannst du später entscheiden.
Allein das Schreiben wird etwas in dir verändern.

5. Solidarity, Sister: Stärke die Freundin in dir.
Die archetypische Freundin lebt in dir – als liebevolle, klare Kraft. Sie hilft dir, dich selbst zu halten, wenn andere es nicht können. Manchmal braucht Verbundenheit als Erstes nur eines: ein Erinnern.


Welche Erfahrungen mit der Schwesternwunde hast du gemacht?

Welche Gedanken oder Gefühle hat dieser Text in dir berührt? Teile deinen Impuls gern in den Kommentaren oder schreib mir eine Mail. Leite den Artikel weiter, wenn du denkst, dass er hilfreich sein könnte.

Hauchen wir der Schwesternschaft gemeinsam wieder Leben ein.