Die weibliche Kraft ist uns wenig vertraut.

Die weibliche Kraft ist etwas ganz anderes, als wir gemeinhin mit Kraft assoziieren. Mit der gängigen Definition von Kraft, die sich an patriarchalen Werten orientiert, kommen wir hier nicht weiter.

Zu Beginn nehme dich auf die Reise zu meinem früheren Ich mit. Damals waren mir viele Aspekte der weiblichen Kraft noch nicht bewusst.

Lange Zeit in meines Lebens ….

  • ging ich weit über meine Grenzen.
  • waren Selbstfürsorge und Leichtigkeit Fremdworte für mich.
  • war ich hart zu mir und zu anderen.

Mein Dasein war von Glaubenssätzen geprägt, die mir suggerierten, ich müsse alles alleine schaffen. Um keinen Preis wollte ich Schwäche zeigen. Um Hilfe zu bitten, kam mir nicht in den Sinn. Außerdem verwechselte ich Sanftmut mit Schwäche.

Die Trennung von meiner weiblichen Kraft brachte mich fast ins Burnout. In Deutschland waren 2012 übrigens deutlich mehr Frauen ( 5,2%) von Burnout betroffen, als Männer (3,3%): Quelle:de.statista.com.

Meine inneren Dialoge aus dieser Zeit kannst du dir so vorstellen:

„Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Ich sehne mich nur nach Ruhe.“
„Mir reicht’s immer nur für andere zu funktionieren.“

In Kontakt mit der weiblichen Kraft kommen – aber wie?

In meiner Kindheit und Jugend gab es keine Rolemodels, die mir vorleben konnten, Weiblichkeit als Kraftquelle zu erleben. Das ist keine Kritik an den Frauen meiner Familie. Sie wussten selbst nichts darüber.

Die Frauen der Generation meiner Urgroßmütter hatten 2 Weltkriege miterlebt. Ihr Leben war vom Kampf ums Überleben geprägt. Sie gehören zu den massiv traumatisiert Generationen. Es ist eine enorm große Gruppe VON Menschen betroffen und die wenigsten Traumatisierungen erfuhren Heilung. Sie wurden – unbewusst – an die nächste Generation weiter gegeben. Viele davon stecken uns noch heute in den Knochen.

Für mein Verständnis der unterschiedlichen Kräfte des weiblichen und des männlichen war die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Yin-Yang Symbol ein wesentlicher Schlüssel. Wie intensiv diese Kräfte im Körper fühlbar sind, zeigte sich unter anderem in den vielen Seminaren, die ich später geleitet habe.

Yin, die weibliche Kraft – Yang, die männliche:

Das Yin-Yang Symbol hat seinen Ursprung im Daoismus. Es besagt, dass in der polaren Welt alle Kräfte Gegenkräfte haben. Diese ergänzen einander. Es sind zwei Pole, die jeweils ein Ende eines Kontinuums darstellen.

Die Dynamik des Lebens entsteht durch die Bewegung von einem Pol zum anderen. Dieser Prozess spiegelte sich überall wider. Im Wechselspiel von Ein- und Ausatmen und dem Wechsel von Tag und Nacht finden wir anschauliche Beispiele.

Sowohl in Frauen als auch in Männern sind weibliche und männliche Anteile angelegt.

Frauen tragen naturgemäß mehr Yin-Aspekte, Männer mehr Yang-Aspekte in sich. In jedem einzelnen Menschen sind die Anteile individuell angelegt.

Das YIN – das weibliche Prinzip:

In der chinesischen 5 Elemente-Lehre sind dem Yin die Elemente Wasser und Erde zugeordnet. Bei den Himmelskörpern wird (meist) der Mond dem weiblichen, dem empfangenden Prinzip assoziiert. Qualitäten, die dem weiblichen Prinzip entsprechen, sind:

Weich, langsam, intuitiv, empfangend, das Dunkle und die Orientierung am Innen.

Das YANG – das männliche Prinzip

Der Gegenkraft, dem Yang, sind die Elemente Feuer und Holz zugeordnet. Da die Sonne entspricht dem gebenden , also dem männlichen Prinzip. Qualitäten, die dem männlichen Prinzip entsprechen, sind:

Hart, schnell, linear, rational, gebend, das Helle und die Orientierung am Außen.

An dieser Stelle will ich nochmals ausdrücklich zu betonen: In allen Menschen sind beide Qualitäten angelegt, aber in unterschiedlicher Ausprägung.

Was braucht nun, um die weibliche Kraft zu stärken?

Um etwas zu ändern, müssen wir wissen, wo wir ansetzen sollen, sozusagen den Ist-Stand erheben. Dazu müssen wir auch identifizieren, welche Faktoren dazu beitragen, die weibliche Kraft zu schwächen.

Dazu gehört die vielgestaltige Kritik, die Frauen entgegengebracht. Egal wo Frauen wirksam sind, wird etwas wird gefunden, das nicht passt.

Entweder wird Frauen zugeschrieben, sie seien zu

  • zu schön oder zu wenig attraktiv,
  • zu dünn oder zu dick,
  • zu sexy oder zu bieder,
  • entweder zu klug, oder zu dumm.

Die Klischees kennen kein Ende. Je nachdem, wem es dienen soll, werden Frauen in irgendeine Schublade gesteckt.

Hast du schon einmal darüber nachgedacht,

  • wie viele Industriezweige großartig davon leben, dass sich Frauen falsch fühlen?
  • dass die Lebensmittelindustrie davon profitiert, wenn Frauen ihre Kinder nicht stillen können?
  • in welchem Ausmaß die Schönheitsindustrie profitiert, wenn Frauen einen niedrigen Selbstwert haben?

Frauen, die sich gut fühlen, so wie sie sind, lassen sich weniger manipulieren. Wer weiß schon, wofür sie ihr Geld ausgeben würden ….

In Summe ist das ein toxischer Cocktail, der die weibliche Kraft schwächt.

Das männliche Prinzip dominiert die Gesellschaft.

Es drückt sich unter anderem in seinen hierarchischen Strukturen aus. Diese sind in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vorherrschend:  In Wirtschaft, Politik, Forschung und auch im Bildungswesen.

Es ist ein System, unter dem viele Menschen leiden, auch wenn sie oft nicht erkenne, woran es liegt. Wir Frauen erleben den Druck intensiver als Männer, weil der Fokus auf höher, schneller, weiter dem weiblichen Prinzip absolut nicht entspricht. Insgesamt schadet diese Dominanz uns allen, auch Männern.

Um die Wertschätzung der weiblichen Leistungen ist es schlecht bestellt

Es ist unbestritten, dass Leistungen, die von Frauen erbracht werden, auf allen Ebenen – monetär, persönlich und kollektiv – wenig (er) Anerkennung finden. Ein Beispiel sind unbezahlte Care-Leistungen, wie das Versorgen der Kinder, die Pflege der Alten und Kranken – das wird hauptsächlich von Frauen getragen.

So enorm der Umfang unbezahlter Care-Leistungen von Frauen ist, so gering ist das Bewusstsein dafür.  Was nichts kostet, ist nichts wert! Oder doch nicht?

Die Doppelbelastung von Familie und Beruf meistern Frauen. Es ist ein Spagat, der an die Grenzen der Belastbarkeit bringt. Auch wenn Studien das bestätigen, ändert es etwas?  Wenn wir Frauen einen Generalstreik ausrufen würde, ginge auf Kosten der Schwächsten.

Die weibliche Kraft stärken – destruktive Dynamiken unterbrechen.

Im ersten Schritt aus der Abwärtsspirale, kommen wir nicht darum herum, den unangenehmen Tatsachen ins Auge zu blicken. Im zweite Schritt können wir uns dran machen, die eigenen destruktiven Handlungsmuster zu verändern. Immer wieder werde ich von Frauen gefragt:

„Warum muss ich mich ändern, wenn doch …“  Meine Antworten lautet immer gleich:

  • Wer die Macht hat, gibt sie selten freiwillig ab.
  • Die, die keinen Leidensdruck spüren, haben keinen Grund zur Veränderung.
  • Um die Eigenmacht zurückzuerlangen, bleibt keine Alternative, als bei sich selbst anzusetzen.
  • Sobald sich ein Element im System verändert, ändert sich das gesamte System.

Weiblichkeit als Kraftquelle zu erleben, geht nicht von heute auf morgen. Es braucht Geduld und Frauen-Räume, in denen gleichgesinnten Frauen in sicherem Rahmen die weibliche Kraft erforschen können.

Es berührt mich in den Seminaren sehr wieder zu erleben, wie erleichternd es für die Teilnehmerinnen ist, zu erkennen, dass sie mit ihren Nöten nicht alleine sind.

Mit diesen 5 Tipps, stärkst du deine weibliche Kraft.

 Reduziere Reize von Außen, besonders jene, die dich Energie kosten. Wir sind es schon so gewöhnt, ständig und überall mit Sound, Bildern, Videos und Nachrichten berieselt zu werden, dass wir kaum noch ruhige Minuten haben. Überlege: Was raubt mir Energie? Was gibt mir Energie? Nimm dir Zeit, zu fühlen, was dir guttut. Dafür reichen kleine Zeitfenster. Wähle dann bewusst Orte, Menschen und Tätigkeiten, die dich nähren.

 Distanziere dich bewusst von der Leistungsgesellschaft. Frage dich, was sind deine wahren Bedürfnisse. Das ist etwas anderes als Egoismus. Lenke deinen Fokus auf die kleinen Freuden des Lebens – das hat große Wirkung!

 Sprich deine Bedürfnisse aus. Nimm deinen Mut zusammen und trau dich! Egal wem gegenüber. Niemand hat etwas davon, wenn du aus dem letzten Loch pfeifst – weder die Kinder, der Ehemann noch Mutter, Vater oder sonst wer – du selbst am allerwenigsten. Oft stecken unbewusste Glaubenssätze dahinter, wenn wir uns nicht erlauben, den wahren Bedürfnissen Raum zu geben.

 Wähle Kleidung, in der du dich weiblich fühlst. In deinem Kleiderschrank findest du bestimmt Stücke und Farben, bei denen du fühlen kannst, dass sie deine Weiblichkeit nähren. Wähle Materialien, die sich gut anfühlen und deiner Haut schmeichel. Vermeide Kunstfaser.

 Sorge regelmäßig für Erdung. Nicht umsonst nennen wir unseren Planeten Mutter Erde. Sie ist die Basis unserer Existenz. Gehe regelmäßig in die Natur, in Kontakt mit Mutter Erde. Ziehe deine Schuhe aus, gehe mit nackten Füßen durch die Wiese, sammle Blumen und Kräuter, verarbeite sie oder schmücke mit ihnen deinen Wohnraum.

 Gestalte dir einen Kraftplatz der Weiblichkeit in deinem Wohnraum. Schmückte ihn mit Dingen, die für dich symbolisch für die weibliche Kraft stehen. Lass deiner Kreativität freien Lauf.

Diese Tipps sind Angebote an dich. Wähle das, was am besten passt und beginne mit den Dingen, die sich leicht umsetzen lassen.

 Je mehr Frauen in ihre Kraft kommen, umso stärker wird auch das kollektive weibliche Kraftfeld.

Die weibliche Kraft im Körper aktivieren

Hier hab ich eine Übung für dich, die sich im Alltag ganz einfach umsezten lässt. Du benötigst nicht mal extra Zeit. Du kannst sie während der Hausarbeit praktizieren. Im Fokus dieser Übung liegt dein Becken, der Ort in deinem Körper, wo sich das Zentrum deiner Weiblichkeit befindet.

Leg dir beschwingte Musik und los geht’s.

  • Gehe leicht in die Knie und schwinge dein Becken. Von links nach rechts und von vorne nach hinten. Lasse es kreisen oder lasse es in Achterschleifen schwingen. 
  • Spiele dich mit dem Tempo, variiere es und spüre, was dir am angenehmsten ist. Spür gut nach, was sich für dich richtig anfühlt.
  • Schließe kurz deine Augen und lausche in deinen Körper hinein. Atme tief zu dem Ort hin, an dem weiblichen Organe beheimatet sind. Denke daran, welch wunderbare Kraft darin wohnt: Die Kraft, Leben zu schenken. Auch wenn bei dir die Organe entnommene wurden  – energetisch ist es immer noch der Ort deiner weiblichen Schöpferkraft.

Wenn dir Übung gefällt, dann baue sie regelmäßig in deinen Alltag ein. Sie entfaltet ihre Kraft durch der Wiederholung.

Die weibliche Kraft – ein Mysterium?

Ja, die weibliche Kraft wird nicht ohne Grund als mystisch und rätselhaft beschrieben. Über den Geist alleine ist sie nicht zu erfassen. Aber du kannst fühlen, wenn mit ihr verbunden bist.

Diese Verbindung stärkt dich, sodass du auch in herausfordernden Situationen gelassen und in deiner Mitte bleibst. Es gelingt auch viel besser, auf zwar auf natürliche Weise, deine Grenzen zu wahren. Und wie schon gesagt: Die Verbindung zu dieser Kraftquelle aufzubauen, ist ein Prozess. Sei liebevoll und geduldig, mit dir.

Im Körper ist der Sitz der weiblichen Kraft die Gebärmutter. Sie ist das weiblichste aller Organe. Vermutlich hast du ihr bisher eher weniger Aufmerksamkeit geschenkt – oder nur dann, wenn sie schmerzt. In ihr ist die weibliche Schöpferkraft beheimatet.

Selbst heute, in der aufgeklärten Zeit ist es teilweise immer noch ein Mysterium, wie Leben wirklich entsteht. In der Dunkelheit unserer Bäuche geschehen wunderbare Dinge, die auch modernste Wissenschaft nur bedingt zu erklären vermag.

Schöpferischer Selbstausdruck verbindet Frauen mit ihrer Kraft. Ganz gleich welcher kreative Ausdruck – ob Malen, Tanzen, Dekorieren, Musizieren, Schreiben oder Gestalten von Gärten und Räumen, oder auch Kochen. Durch den schöpferischen Akt bekommt etwas aus deinem Inneren, eine Form im Außen.

Was sich immer wieder zeigt ist, dass wenn sich Frauen zusammenschließen und  an einem Strang ziehen, wird eine große Macht freigesetzt. Das geschieht bereits vielerorts, online und offline, mit dem Ziel. Frauen kommen in Kreisen zusammen um sich gegenseitig zu unterstützen und somit auch die Welt ein Stück weit besser zu machen.

Die gebündelte Kraft der Weiblichkeit eröffnet ein ungeahntes Potenzial.

Mit weiblichen Attributen ein Gegengewicht schaffen

Die Geschwindigkeit des modernen Lebens nimmt immer weiter zu. Wem tut dieses Tempo wirklich gut?

Der Gegenpol, die Langsamkeit, hat hingegen keinen guten Ruf. Das schlägt sich auch in der Gesundheit nieder. Dauerstress spielt bei der Entstehung vieler Zivilisationskrankheiten eine entscheidende Rolle.

Das Leben zu entschleunigen und sich bewusst der Langsamkeit zuzuwenden, ist eine Möglichkeit in Richtung Balance zu steuern.

Die weiblichen Aspekte zu betonen und sich ihnen bewusst zuzuwenden, bedeutet auch den weichen Anteil in uns zuzulassen. Dann können wir auch zu uns selbst weich, im Sinne von freundlich und tolerant, sein.

Spür mal rein in das Wort WEICH. Lass dich von seiner Energie mitnehmen. Schreibe es. Fühle es.

Mit dem tiefen Wissen um die Kraft und Magie des weich Seins können wir, wenn es nötig ist, auch hart im Sinne von standhaft und beharrlich sein.

Zu viel an Härte aber schadet nicht nur Frauen, sondern auch den weiblichen Anteilen in Männern. Frauen aber schwächt Härte.

Passivität und Empathie gehören auch zum weiblichen Prinzip

Was löst es in dir aus, zu hören: Passiv zu sein, ist wichtig? Kommt Widerstand in dir auf? Das Framing dieser Qualität ist nicht unbedingt positiv, nicht wahr?

Nehmen wir ein Beispiel zu Hilfe, mit dem es gelingt, die Passivität in ein anderes Licht zu rücken:

Stell dir eine Schale vor, in die Reis hinein rieselt. Diese Schale ist der passive Part. Der Reis, der hineinfließt, der aktive Part. Wie im Dao beschrieben: Jede Kraft hat eine Gegenkraft.

Passiv zu sein, bedeutet nicht, sich fremd bestimmen zu lassen. Es bedeutet, empfänglich zu sein und die Haltung eines Beobachters einzunehmen – rezeptiv und wahrnehmend.

Die Empathie scheint vom gesellschaftliche Konsens glücklicherweise bereits als positive Kraft bewertet zu werden.

Ohne Empathie wäre Verbundenheit nicht möglich. Es ist eine elementare Kraft, die das Leben erhält. Niemand will auf diese Welt kommen ohne empathische Begleitung und niemand will diese Welt ohne sie verlassen.

Weil Weiblichkeit oft auf Körperlichkeit reduziert wird, möchte ich dich zum Abschluss noch auf ein Gedankenexperiment einladen:

Angenommen Weiblichkeit wären reine Energie, wie würdest du sie fühlen?

Freue mich auf deinen Kommentar!